Histaminintoleranz

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Was ist die Histaminintoleranz?

Bei einer Histaminintoleranz (HIT) besteht ein Ungleichgewicht zwischen dem gebildeten Histamin und dessen Abbau.
Das Histamin entstammt entweder der Nahrung oder dem eigenen Körper. Die dadurch ausgelösten Symptome können denen einer klassischen Heuschnupfen- oder Nahrungsmittlallergie vom Typ IgE ähneln und im Extremfall zu einem Herz-Kreislaufschock führen.

Was ist Histamin?
  • Histamin ist ein sog. biogenes Amin und wird aus der Aminosäure L-Histidin gebildet. Es kann vom Organismus selbst hergestellt werden, kann aber dem Körper auch zugeführt werden.
  • Histamin ist ein Gewebshormon und spielt bei vielen Stoffwechselreaktionen eine zentrale Rolle.
Körpereigenes Histamin
  • Das körpereigene Histamin ist ein Gewebshormon, welches im Rahmen von Entzündungsprozessen benötigt, aber auch bei Vorliegen einer Allergie vom Typ IgE überschiessend freigesetzt wird.
  • Körpereigenes Histamin kommt fast überall im Körper vor und wird u.a. gebildet von
    • Hautzellen
    • Magenschleimhautzellen
    • Nervenzellen
    • Mastzellen
  • Die Speicherung erfolgt in hoher Konzentration in kleinen Bläschen vor allem in den
    • Mastzellen (finden sich in der Haut und Schleimhäute)
    • Basophile Granulozyten (Abwehrzellen)
    • ECL-Zellen des Magenschleimhaut (enterochromaffin-ähnliche Zellen)
    • Zellen der Bronchien
  • Bei einem gesunden Menschen besteht ein Gleichgewicht zwischen dem gebildeten und freigesetzten Histamin sowie den Enzymen, die das Histamin abbauen.
Nahrungsmittel als Quelle für Histamin
  • Eine häufige Quelle für körperfremdes Histamin sind Nahrungsmittel, die unter Einwirkung von Bakterien und aufgrund von  längerer Lagerung, längerer Reifung oder Verderb mit Histamin belastet sind.
  • Davon betroffen sind vor allem
    • Fleisch- und Fischkonserven (Hering, Sardellen, Thunfisch, Makrele)
    • Dauerwurst (Salami)
    • Getrocknetes
    • Mariniertes
    • Räucherfleisch
    • Käse mit langen Reifezeiten (Gouda, Camembert, Emmentaler, Schimmelkäse, Emmentaler, Bergkäse, Alpenkäse, Parmesan)
    • Sauerkraut
    • Essig
    • Alkoholika (Rotwein, Likör, Sekt, Champagner)
    • Gemüse (Spinat, Avocado, Tomaten, Tomatensaucen)
    • Obst (Bananen, Kiwi, Erdbeeren, Ananas, Zitrusfrüchte)
    • Hülsenfrüchte 
(Soja und Bohnen)
    • Milchersatzprodukte (z.B. Sojamilch, Hafermilch)
    • Getränke (Brennesseltee, schwarzer Tee, Energy-Drinks)
    • Schokolade, Nougat, Kakao
    • Knabbergebäck
  • Aber auch durch bakterielle Verunreinigung können z.B. im Fisch hohe Konzentration von Histamin entstehen.
Histaminabbauende Enzyme
  • Zwei Enzyme sorgen für den Abbau des Histamins
    • Diaminoxidase (DAO)
    • Histamin-N-Methyltransferase (HNMT)

Diaminoxidase (DAO)

  • DAO ist das Enzym, welches Histamin abbaut, dass ausserhalb der Zellen vorkommt.
  • Der Hauptwirkort des DAO ist der Darm und dort wird es in den Darmzellen kontinuierlich gebildet.
  • Im Darm inaktiviert DAO das Histamin, welches entweder mit der Nahrung aufgenommen wurde oder aber durch körpereigene Bakterien im Darm gebildet wurde.
  • DAO wird aber auch noch in den folgenden Organen gebildet
    • Leber
    • Nieren
    • Plazenta

HNMT (Histamin-N-Methyltransferase)

  • Dieses Wortungetüm beschreibt das Enzym, welches Histamin abbaut, das vom Körper gebildet wird und in den oben beschriebenen Zellen gespeichert wird.

Die Abbauprodukte des DAO und HNMT werden über die Nieren ausgeschieden und lassen sich labordiagnostisch nachweisen. Zur Labordiagnsotik erfahren Sie hier mehr.

 

Die biologische Wirkung von Histamin

  • Wie jedes andere Hormon auch, kann Histamin seine natürliche Wirkung im Körper nur dann entfalten, wenn es nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip an die für ihn vorgesehenen Rezeptoren andockt – die Histaminrezeptoren.
  • Wer verstehen möchte welche Symptome bei einer Histaminintoleranz auftreten können, muss verstanden haben, welches die natürlichen Wirkungen von Histamin im Körper sind. Daraus lassen sich dann leicht die Symptome ableiten, die zu erwarten sind, wenn das Histamin im Überschuß vorhanden ist.
  • Im Körper finden sich an vielen Organen vier verschiedene Histaminrezeptoren (H1-H4), deren Aktivierung durch Histamin bestimmte Körperreaktionen auslösen.
Wirkung bei Aktivierung von H1-Rezeptoren
  • Erhöhte Kapillardurchlässigkeit
  • Erweiterung kleiner Blutgefäße
  • Zusammenziehung der glatten Muskulatur
  • Adrenalinausschüttung im Nebennierenmark
  • im Zentralen Nervensystem
    • Förderung von Aufmerksamkeit und Wachzustand
    • Weckreaktion
    • Hemmung der Nahrungsaufnahme
  • Steigerung der Östrogenbildung in den Eierstöcken
Wirkung bei Aktivierung von H2-Rezeptoren
  • Stimulation der Magensäurebildung
  • Steigerung der Herzfrequenz
  • Zunahme der Kraft des Herzens sich zusammenzuziehen
  • Gefäßweitstellung
Wirkung bei Aktivierung von H3-Rezeptoren
  • H3-Rezeptoren finden sich im zentralen Nervensystem.
  • Sie regulieren
    • das Hunger- und Durstgefühl
    • den Tag-Nacht-Rhythmus
    • die Körpertemperatur
    • den Blutdruck
Wirkung bei Aktivierung von H4-Rezeptoren
  • H4-Rezeptoren sind daran beteiligt das Abwehrzellen (Leukozyten), vor allem die eosinophilen Granulozyten, T-Lymphozyten und Monozyten dort hin wandern, wo das Histamin seine Wirkung tut.
  • Daher übernehmen diese Rezeptoren eine wichtige Rolle bei der Aktivierung von Leukozyten während einer Immunreaktion, insbesondere bei allergischen Reaktionen.

Was sind die Ursachen einer Histaminintoleranz?

  • Mangel oder Inaktivität der abbauenden Enzyme
  • Mangel an Mikronährstoffen
  • Erhöhte Aufnahme von Histamin durch verunreinigte Lebensmittel
  • Histamin freisetzende Lebensmittel (Histaminliberatoren)
  • Überangebot an Histamin durch Darmbakterien
  • Erhöhter Verbrauch von DAO
  • Histaminintoleranz bei Frauen
Mangel oder Inaktivität der abbauenden Enzyme
  • Zwei Enzyme sorgen für den Abbau des Histamins:
    • Diaminoxidase (DAO)
    • Histamin-N-Methyltransferase (HNMT)
  • Stehen diese Enzyme nicht in ausreichender Menge zur Verfügung, kommt es zu einem Missverhältnis zwischen dem aufgenommenen oder vom Körper gebildeten Histamin und der Aktivität der Enzyme.

Ursachen für einen Enzymmangel bzw. -Inaktivität:

I. Medikamente

  • Es gibt eine grosse Anzahl von häufig verordneten Wirkstoffen, die eine Histaminintoleranz auslösen können:
    • Röntgenkontrastmittel
    • Muskelrelaxantien
 (Solche Wirkstoffe, die im Rahmen einer Narkose verabreicht werden.)
    • Narkotika
    • Analgetika (Morphin, Pethidin, NSAR, ASS, Novaminsulfon)
    • 
Lokalanästhetika (Prilocain)
    • Antihypotonika (Dobutamin)
    • Antihypertensiva (Verapamil, Alprenolol, Dihydralazin)
    • Antiarrhythmika
 (Propafenon)
    • Diuretika (Amilorid)
    • Magen- und Darmmuskeln beeinflussende Mittel (Metoclopramid)
    • Antibiotika (Cefuroxim, Cefotiam, Isoniazid, Pentamidin, Clavulansäure, Chloroquin)
    • Mukolytika (Acetylcystein, Ambroxol)
    • 
Broncholytika (Aminophyllin)
    • H2-Rezeptorantagonisten (Cimetidin)
    • Zytostatika (Cyclophosphamid)
    • Antidepressiva (Amitriptylin)

II. Alkohol

  • Der Konsum von Alkohol im Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme ist ein häufiger Auslöser für Symptome einer Histaminintoleranz (HIT).

III. Entzündungen der Darmschleimhaut

  • Das Enzym DAO findet sich in der Schleinhaut des Darms. Entzündungen der Darmschleimhaut können zu einem Verlust der DAO-bildenden Zellen führen und so eine HIT auslösen.
Mangel an Mikronährstoffen
  • Das Enzym Diaminoxidase (DAO) braucht zur seiner vollen Funktionstüchtigkeit Mineralien und Vitamine.
  • Für seine Funktion sind hauptverantwortlich folgende Vitamine und Mineralien beteiligt
    • Vitamin B6
    • Vitamin C
    • Zink
    • Kupfer
  • Ein Mangel an diesen Vitalstoffen kann die Entwicklung einer HIT begünstigen.
Erhöhte Aufnahme von Histamin durch verunreinigte Lebensmittel
  • Vor allem eiweissreiche Nahrungsmittel wie Meeresfrüchte sind reich an Histidin.
  • Thunfisch führt hierbei die Liste an.
  • Z.B. durch eine durch mangelnde Hygiene verursachte bakterielle Verunreinigung einer mit Thunfisch belegten Pizza, kann zu einer massiven Bildung von Histamin führen.
  • Die Bakterien werden zwar durch den Backvorgang abgetötet. Das Histamin dagegen ist hitzestabil und kann bei Konsum der Pizza zu einem gesundheitlichen Desaster führen.
  • Der folgende Artikel aus der Ärztezeitschrift vom 15.12.2004 macht diese Problematik deutlich.
Histamin freisetzende Lebensmittel (Histaminliberatoren)
  • Bei einigen Menschen tritt eine HIT nach Verzehr von Histaminliberatoren auf.
  • Folgende Lebensmittel können im Körper Histamin freisetzen:
    • Erdbeeren
    • Lakritz
    • Zitrusfrüchte
    • Gewürze
    • Tomaten
    • Spinat
    • Meeresfrüchte
    • Schokolade
    • Nüsse
    • Auch der Geschmacksverstärker Glutamat steht in Verdacht, eine Histaminfreisetzung auszulösen.
Überangebot an Histamin durch Darmbakterien
  • Im Darm eines gesunden Menschen sind Bakterien anzutreffen, die in der Lage sind aus der Aminosäure L-Histidin Histamin zu bilden.
  • Wenn diese Baktieren z.B. nach einer antibiotischen Therapie an Übergewicht gewinnen, können sie bei einem entsprechenden Angebot von L-Histidin zu einer vermehrten Produktion von Histamin führen.
  • Wenn es zu einer Überlastung des Histamin abbauenden DAO kommt, entsteht ein Ungleichgewicht zwischen dem anfallenden Histamin und den Histaminabbau.
  • Als Folge können Symptome einer Histaminintoleranz auftreten.
Erhöhter Verbrauch von DAO
  • Eine verstärkte Inanspruchnahme des DAO kann zu einer Erschöpfung des Enzymsbesatzes führen.
  • Es gibt andere biogene Amine, die u.a. mit der Nahrung aufgenommen werden und zu deren Abbau DAO benötigt wird. Dazu zählen
    • Putrescin (in Getreidekeimlingen und Sauerkraut)
    • Tyramin (in Hefe, Fisch, Wurst, Käse, Himbeeren, Sauerkraut)
  • Tyramin steigert durch Freisetzung von Noradrenalin den Blutdruck und kann Kopfschmerzen auslösen.
  • Wenn zeitgleich eine vermehrte Anflutung von Histamin besteht, kann dieser Umstand zu einem verminderten Hitaminabbau führen.
Histaminintoleranz bei Frauen
  • Von allen Patienten, die an einer Histaminintoleranz leiden, sind in 80% der Fälle Frauen mittleren Alters betroffen.
  • Gleichzeitig leidet diese Patientengruppe häufig unter zyklusabhängigen Kopfschmerzen und zeigt eine Neigung zur Dysmenorrhö (Beschwerden während der Monatsblutung).
  • In der Gebärmutter und den Eierstöcken wird Histamin von Mastzellen, Endothel- und Epithelzellen produziert, was über eine erhöhte Ausscheidung von Histaminabbauprodukten um den Zeitpunkt des Eisprungs herum nachweisbar ist.
  • Histamin-H1-Rezeptoren finden sich auch in der Gebärmuttermuskulatur.
  • Dementsprechend führt die Aktivierung von H1-Rezeptoren zu Muskelanspannungen der Gebärmuttermuskulatur, was häufig zu zyklusabhängigen Beschwerden wie Kopfschmerzen und einer schmerzhaften Regelblutung führt.
  • Histamin führt zu einer Steigerung der Östradiolbildung in den Eierstöcken, was über das Gewebshormon Prostaglandin F2a zwei Effekte zur Folge hat:
    • die Uterusmuskulatur zieht sich zusammen
    • Es beendet die Progesteronbildung des Gelbkörpers. Die daraus resultierende „lokale Östrogendominanz“ fördert zusätzlich eine schmerzhafte Regelblutung.
  • In der Zyklusphase mit hohen hoher Östradiolspiegel zeigen sich im Hautallergietest (Pricktest) größere Histaminquaddeln und von vielen Frauen wird berichtet, dass sie histaminreiche Nahrungsmittel vor Einsetzen der Monatsblutung (prämenstruell) deutlich schlechter vertragen.
  • Bei einigen Frauen tritt eine HIT daher offensichtlich auch nur in dieser Zyklusphase auf.

Diagnostik der Histaminintoleranz

Welche diagnostischen Möglichkeiten bestehen, um die Histaminintoleranz nachzuweisen, ist hier nachzulesen.